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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 22.05.2003
Aktenzeichen: 3 U 18/03
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 25
Ein Telefonauskunftsdienst handelt unlauter, wenn er für seiine Dienste in einem Werbefilm nur mit seiner Telefonnummer, aber ohne Hinweis auf sein Unternehmen wirbt. Der verständige Verbraucher mag wissen, dass verschiedene Auskunftsdienste Rufnummern beginnend mit "118..." haben, ohne Unternehmensnennung besteht wegen der ähnlichen Telefonnummern Verwechslungsgefahr mit konkurrierenden Auskunftsdiensten, insbesondere mit dem weithin bekannten Marktführer. Der Hinweis: "Ihre Auskunft" gibt keine nähere Aufklärung, weil er zu beiden Anbietern passen könnte. Es liegt nahe, dass das Versteckspiel beabsichtigt ist, um sich Vorteile durch irrtümliches Anwählen zu verschaffen (verdeckter Kundenfang).
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 18/03

Verkündet am: 22. Mai 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler

nach der am 22. Mai 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 9. September 2002 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 18. Juni 2002 wird erneut erlassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen.

Die Antragsgegnerin betreibt unter der Rufnummer "11 88 1" eine Telefonauskunft.

Hierfür hat sie mit einem TV-Werbespot (Videoaufzeichnung: Anlage K 28, Einzelbild-Aufnahme aus diesem Film: Anlage K 29) geworben, den die Antragstellerin als wettbewerbswidrig beanstandet.

Mit der Beschlussverfügung des Landgerichts vom 18. Juni 2002 ist der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden, einen telefonischen Auskunftsdienst mit der Angabe "Ihre Auskunft" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht, wie in dem durch die als Anlage K 29 vorgelegte Fotographie gekennzeichneten TV-Spot (es folgt die Kopie der Einzelbild-Aufnahme: Anlage K 29).

Mit dem Urteil vom 9. September 2002 hat das Landgericht seine Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückgewiesen. Auf das Urteil nebst Berichtigung vom 7. Februar 2002 wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie verfolgt ihren Verfügungsantrag gemäß der Beschlussverfügung weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.

In dem TV-Werbespot (Anlage K 28) sieht man zunächst die Zahl "11" und rechts davon eine "1". Man hört Geräusche aus dem Fußballstadion und eine Stimme: "Aufgepasst .... Tor". Gleichzeitig rücken die Zahlen "11" und "1" weiter auseinander. In die "Lücke" fliegen nacheinander vier Fußbälle und die Stimme sagt: "Denken Sie nur an Eins". Die Abbildung der vier Fußbälle verwandelt sich in die Zahl "88", so dass die Zahlenfolge "11 88 1" mit farblich abgesetzter "88" entsteht, darüber erscheint der Text: "Denken Sie nur an Eins" und unter der Rufnummer: "Ihre Auskunft" (vgl. das Schlussbild: Anlage K 29). Irgendein Hinweis auf das Unternehmen der Antragsgegnerin erfolgt nicht.

B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Beschlussverfügung des Landgerichts ist demgemäß unter Abänderung des angefochtenen Urteils erneut zu erlassen.

I.

Gegenstand des Unterlassungsantrages gemäß der Beschlussverfügung ist das Werben für einen telefonischen Auskunftsdienst mit dem TV-Werbespot gemäß Anlage K 28, der die Einblendung gemäß Anlage K 29 enthält, und zwar ohne dass in dem Film - wie sich aus der obigen Beschreibung ergibt - das Unternehmen der Antragsgegnerin in irgendeiner Weise (im Bild oder Ton) angegeben ist. Das Charakteristische des Werbespots besteht demgemäß in der werblichen Wiedergabe der Telefonnummer "11 88 1" und der Angabe "Ihre Auskunft" ohne einen zusätzlichen Hinweis auf das Unternehmen der Antragsgegnerin. Das ergibt sich bereits aus der Antragsschrift (Seite 22), die Antragstellerin hat das in der Berufungsverhandlung nochmals klarstellen lassen.

Gegenstand des Unterlassungsantrages ist nicht etwa allgemein die Werbung mit einem Film mit der Einblendung gemäß Anlage K29, sondern die Verwendung des Werbespots gemäß Anlage K 28 mit jener Einblendung.

II.

Die Dringlichkeit für das einstweilige Verfügungsverfahren ist nach Auffassung des Senats gegeben.

Wenn man auf das Vorbringen der Antragstellerin abstellt, sie habe von dem Werbespot (Anlage K28) am 11. Juni 2002 Kenntnis erlangt (Bl. 20; eidesstattliche Versicherung Hxxxxxx: Anlage K 34; vgl. Anlage K 32), ist die Dringlichkeitsvermutung (§ 25 UWG) ist nicht widerlegt. Denn der Verfügungsantrag ist kurz darauf am 18. Juni 2002 bei Gericht eingegangen.

Dass die Antragsgegnerin diesen Werbespot in Kenntnis der Antragstellerin zuvor seit längerem verwendet hätte, hat die Antragsgegnerin aber - anders als es das Landgericht gemeint hat - nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht.

1.) Soweit die Antragsgegnerin die Sendetermine des streitgegenständlichen Werbespots vom 1. bis 12. Juni 2002 aufführt (Anlage B 1; Bl. 33), steht das der Dringlichkeitsvermutung ebenfalls nicht entgegen. Denn auch im Hinblick auf den gesamten Zeitraum wäre die Antragstellerin zeitnah und zügig vorgegangen.

Im Übrigen kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin von einer "böswilligen" Vermeidung der früheren Kenntnisnahme des Werbespots keine Rede sein, eine solche hat auch das Landgericht nicht angenommen. Es gibt keine Marktbeobachtungspflicht des Verletzten. Deswegen kann es auch nicht auf ein Organisationsverschulden bei dem Einsatz von Mitarbeitern für eine Marktbeobachtung ankommen.

Entsprechendes gilt schon aus Zeitgründen für die Webseiten der Antragsgegnerin im Internet, die das Bild entsprechend dem Foto gemäß Anlage K 29 zeigen (Anlage B 1; Bl. 35). Denn wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, verwendet sie diese Webseiten (erst) seit dem 7. Juni 2002. Auch die von der Antragsgegnerin seit dem 1. Juni 2002 verteilten T-Shirts mit der Angabe "11 88 1 - Ihre Auskunft" (Bl. 37) widerlegen schon wegen des geringen Zeitabstandes zum Verfügungsverfahren nicht die Dringlichkeit.

Im Übrigen handelt es sich bei diesen beiden Werbemaßnahmen nicht um denselben Streitgegenstand, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen entsprechend ergibt.

2.) Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Beispiele aus ihrer früheren Werbung sollen die Behauptung unterstützen, die Aussage "Ihre Auskunft" finde sich - so die Antragsgegnerin - "zum Teil seit mehreren Jahren in den verschiedensten Werbemedien wieder". Damit kann die Antragsgegnerin entgegen dem Landgericht schon deswegen keinen Erfolg haben, soweit Vorfälle in Rede stehen, die einen anderen Streitgegenstand betreffen als den vorliegenden. Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin eine frühere Kenntnis der Antragstellerin vortragen und glaubhaft machen müssen, das ist - soweit es darauf noch ankommt - ebenfalls nicht geschehen.

Streitgegenstand ist, wie ausgeführt, nicht allgemein die Verwendung der Aussage "Ihre Auskunft", sondern die des Werbespots in seiner Gesamtheit (Anlage K 28) mit den oben dargestellten charakteristischen Elementen. Deswegen könnte die Dringlichkeitsvermutung nur durch eine etwaige positive längere Kenntnis der Antragstellerin von eben dieser identischen Fallgestaltung oder einer dieser Werbung im Charakteristischen gleichen anderweitigen Werbemaßnahme widerlegt werden. Das ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.

(a) Soweit die Antragsgegnerin Werbemaßnahmen schildert, denen der Verkehr dadurch begegnet, dass er sich selbst aktiv an die Antragsgegnerin wendet, ergibt sich aus dieser vom vorliegenden Fall wesentlich abweichenden Ausgangslage nichts für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung.

(aa) So wird, wer die Antragsgegnerin als Auskunftsdienst kennt und sich z. B. deren Rufnummer gespeichert oder notiert hat, regelmäßig wissen, dass er bei der Antragsgegnerin anruft, wenn er deren Rufnummer wählt. Demgemäß betrifft die Behauptung der Antragsgegnerin, sie verwende in der Warteschleifenansage ihres Call-Centers seit Oktober 2000 die Ansage "Herzlich willkommen bei Ihrer Auskunft 11 88 1" (Anlage B 1; Bl. 33), einen anderen Sachverhalt als den vorliegenden Streitgegenstand. Denn mit dieser Vorkenntnis des Anrufers beurteilt sich der Ansagetext in der Warteschleife mit der Wendung "Ihre Auskunft" nach anderen Kriterien, weil über die Identität des so werbenden Unternehmens anders als bei dem beanstandeten anonymen Werbespot keine Unklarheit herrscht.

Eine etwaige längere Kenntnis der Antragstellerin von dieser Ansage ist demgemäß für den vorliegenden Fall unerheblich.

(bb) Auf die von der Antragsgegnerin verwendeten Webseiten, die seit dem 7. Juni 2002 das Bild entsprechend dem Foto gemäß Anlage K 29 zeigen (Anlage B 1; Bl. 35) und vor dem 7. Juni 2002 nicht jenes Foto, sondern - so die Antragsgegnerin - seit Mai 2001 "ein etwas anderes Logo, jedoch ebenfalls die Aussage 'Ihre Auskunft' enthalten" haben sollen, kommt schon wegen des anderen Streitgegenstandes für die Frage der Dringlichkeit nicht an.

Man muss die Internetadresse der Antragsgegnerin anwählen, so dass man - ähnlich wie bei einem Telefonanruf - regelmäßig Klarheit über das angewählte Unternehmen hat. Außerdem schildert die Antragsgegnerin nicht näher, wie sie auf ihrer Homepage vor dem 7. Juni 2002 geworben haben will, ihre eigene Bewertung (eines "etwas anderen Logos") kann nicht einfach übernommen werden.

(cc) Auf die Bannerwerbung im Internet zu den Webseiten der Gesellschafterin der Antragsgegnerin (der Firma "O"), die seit Januar 2002 den Zusatz "Ihre Auskunft" aufgewiesen haben soll (Bl. 36), kommt es aus demselben Grund nicht an. Auch insoweit begegnet die Werbung dem Adressaten erst, wenn er aktiv die Webseite aufgerufen hat. Außerdem sind es Werbemaßnahmen einer Gesellschafterin der Antragsgegnerin und nicht die der Antragsgegnerin selbst.

(b) Soweit die Antragsgegnerin ihre Werbeaussagen mit dem Passus "Ihre Auskunft" schildert, in denen sich aus zusätzlichen Hinweisen oder besonderen Umständen ohnehin ergibt, dass sie - und nicht ein anderes Dienstleistungsunternehmen für Telefonauskünfte - die Werbende ist, geht es ebenfalls um einen anderen Streitgegenstand.

Inwieweit der Hinweis auf die Antragsgegnerin ("ixxx-portal" mit oder ohne den Zusatz der Rufnummer 11 88 1) im Einzelnen deutlich genug ist oder nicht, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung, denn im vorliegend beanstandeten Werbespot findet sich, wie ausgeführt, keinerlei Hinweis auf die Antragsgegnerin.

(aa) So betrifft die Behauptung der Antragsgegnerin, ihre Mitarbeiter meldeten sich seit August 2001 mit den Worten am Telefon: "Guten Tag, Ihre Auskunft von Vxxx Ixxxxx - mein Name ist..." (Bl. 34), einen anderen Fall. Mit der Angabe "Ihre Auskunft von Vxxx Ixxxxxxx" wird auf ein bestimmtes Unternehmen hingewiesen.

(bb) Der Einwand der Antragsgegnerin, sämtliche Schreiben ihrer Gesellschafterin (der Firma "O", ehemals Vxxxx Ixxxxxx) hätten das Logo "11 88 1 - Ihre Auskunft" aufgewiesen (Anlage B 1; Bl. 36), ist ebenfalls unerheblich. Dass die Schreiben den Absender etwa nicht erkennen ließen, trägt die Antragsgegnerin nicht vor. Außerdem geht es insoweit nicht um eine Werbung der Antragsgegnerin, sondern um Werbemaßnahmen ihrer Gesellschafterin.

(cc) Aus diesem Grund kann auch das Argument der Antragsgegnerin, ihre Briefumschläge seien seit Dezember 2000 mit dem Hinweis "11 88 1 - Ihre Auskunft" versehen (Anlage B 1; Bl. 37), nicht durchgreifen. Wer mit der Antragsgegnerin korrespondiert, kennt sie. Dass ihre Schreiben (selbstverständlich) den Absender erkennen lassen, nimmt die Antragsgegnerin nicht in Abrede.

(dd) Nicht anders ist der Einwand der Antragsgegnerin zu beurteilen, auf den Außenjalousien ihres Call-Centers in Greifswald sei der beanstandete Werbetext seit Mai 2002 angebracht (Anlage B 1; Bl. 36). Wer diese Angabe dort sieht, bewertet die Angabe in den speziellen Zusammenhang mit dem dort ansässigen Unternehmen, dessen Identität unschwer durch Aufsuchen des Gebäudes oder aus anderen Umständen erkennbar sein kann.

(ee) Entsprechendes gilt für die Behauptung der Antragsgegnerin, die von ihr seit August 2000 auf Werbeveranstaltungen verwendeten Fahnen und Aufsteller trügen u. a. das Logo "11 88 1 - Ihre Auskunft" (Anlage B 1; Bl. 36). Wie die Werbemittel verteilt worden sind, ergibt sich daraus nicht. Wenn das z. B. an einem Werbestand der Antragsgegnerin geschehen ist, konnte sich daraus bereits ein Hinweis auf sie ergeben.

(ff) Auch wenn die Antragsgegnerin, wie sie vorträgt, an ihre Kunden und Mitarbeiter seit April 2001 Clips mit dem Logo "11 88 1 - Ihre Auskunft" verteilt hat (Anlage B 1; Bl. 36), können sich die Kunden je nach den besonderen Umständen der Art der Verteilung über das werbende Unternehmen unschwer im Klaren gewesen sein; Näheres trägt die Antragsgegnerin dazu nicht vor. Bei den Mitarbeitern der Antragsgegnerin liegt deren Kenntnis vom Werbenden auf der Hand.

(gg) Bei der von der Antragsgegnerin herangezogenen sog. Verkehrsmittelwerbung in Bussen und Bahnen mit dem Hinweis: "Ihre Auskunft" (Anlage B 1; Bl. 37-38) sind die Werbeschilder vorgelegt worden (Anlage B 3). Aus diesen ergibt sich aber, dass es sich nicht um anonyme Werbung der Antragsgegnerin handelt. Vielmehr ist jeweils die Aufschrift ihrer Vorgängerin Vxxxx Ixxxxxxx (rechts unten) zu lesen.

(hh) Entsprechendes gilt für die in der Verhandlung vom 16. August 2002 beim Landgericht überreichte Werbekarte mit dem Hinweis "11 88 1 Vxxx Ixxxxxxxx" unten links auf der Vorderseite und der zusätzlich angegebenen Internetadresse "www.11881-aus-kunft.de" der Antragsgegnerin oben rechts auf der Rückseite (Bl. 85 Rückseite).

(ii) Die von ihr noch herangezogene Werbung der Antragsgegnerin in der Fernsehsendung "SPORT xxxx xxxx 2001" vom 23. November 2001 widerlegt ebenfalls nicht die Dringlichkeitsvermutung.

Die Antragsgegnerin hat dort zwar mit der Angabe "11 88 1 Ihre Auskunft" geworben, auf den Plakaten befand sich aber auch - wie sich schon aus den vorgelegten Fotos unschwer ergibt - das Logo der Antragsgegnerin ("ixxx-portal").

(jj) Entsprechendes gilt für die Werbung der Antragsgegnerin auf der Messe "cxxx" vom 13. März 2002.

Die Anzeige der Antragsgegnerin in der von ihr vorgelegten Zeitung "cxxx-NEWSLETTER" vom 13. März 2002 ist keine anonyme Werbung, sondern zeigt das Logo der Antragsgegnerin oben rechts ("ixxxx-portal"). Das gilt auch für die vierseitige Werbung im Zeitungsformat.

Auf die Werbeplakate der Antragsgegnerin auf der Messe selbst kommt es für die Dringlichkeit ebenfalls nicht an. Bereits de überreichten Fotos lassen erkennen, dass die Antragsgegnerin auch dort jeweils ihr Logo ("ixxx-portal") angegeben hat. Auf irgendeine Verwendung mit der Wendung "Ihre Auskunft" kommt es, wie ausgeführt, nach dem Streitgegenstand nicht an.

(kk) Unabhängig davon, dass die vorstehend abgehandelten Werbemaßnahmen einen anderen Streitgegenstand betreffen, hat die Antragsgegnerin auch nicht dargetan, geschweige denn glaubhaft gemacht hat, dass der Antragstellerin diese Werbemaßnahmen in ihrem konkreten Umfeld zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt bekannt gewesen sind.

Bloße Mutmaßungen können der Antragsgegnerin nicht zum Erfolg verhelfen. Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats Sache des Antragsgegners, die Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen. Eine Marktbeobachtungspflicht hat der Verfügungskläger nicht, eine praktisch unübersehbare Werbung kann allerdings die Glaubhaftmachungslage zu Gunsten des Verfügungsbeklagten im Einzelfall bei besonderen Umständen verändern. Dass eine solche besondere Fallgestaltung vorliegend in Betracht käme, ist nach alledem nicht erkennbar.

(c) Soweit die Antragsgegnerin noch weitere ihrer früheren Werbemaßnahmen mit der Angabe "11 88 1 - Ihre Auskunft" anführt, ist schon dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin nicht ausdrücklich zu entnehmen, dass zusätzliche Hinweise oder sonstige Umstände in der Werbung fehlen, die die Identität der Antragsgegnerin erkennen ließen. Jedenfalls käme es auch insoweit auf eine frühere Kenntnis der Antragstellerin an, von der mangels Darlegung nicht auszugehen ist.

Deswegen kommt es auf die Behauptung der Antragsgegnerin, sie habe im Verkehrsfunk München und Hannover seit dem 1. April 2002 mit der Aussage geworben "... denken Sie nur an eins 11 881 - Ihre Auskunft" (Anlage B 1; Bl. 35), nicht an; entsprechendes gilt für die weiteren Sendetermine (Bl. 113-114).

Gleiches gilt für die Aufkleber auf den Dienstfahrzeugen der Antragsgegnerin mit dem Slogan "11 88 1 - Ihre Auskunft" seit Februar 2001 (Bl. 37). Zum einen verweist die Antragstellerin auf die ganz andere Aufmachung der Fahrzeuge im Gegensatz zu ihren eigenen. Zum anderen hat die die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin hiervon früher Kenntnis erhalten hätte.

III.

Der Unterlassungsantrag ist wegen wettbewerbswidriger Behinderung § 1 UWG begründet.

1.) Unter der Behinderung im Wettbewerbsrecht ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers zu verstehen (BGH WRP 2001, 1286 - Mitwohnzentrale.de). Die Wettbewerbswidrigkeit einer Behinderung wird nicht indiziert, sondern ist nach umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles positiv festzustellen. Dabei sind insbesondere Anlass, Zweck, Inhalt, Bedeutung und Wirkung der Maßnahme zu berücksichtigen.

Von vornherein wettbewerbswidrig ist eine Maßnahme, die ausschließlich bezweckt, den Mitbewerber an seiner wettbewerblichen Entfaltung zu hindern oder gar zu vernichten. Von einer solchen Zielsetzung ist auszugehen, wenn die Maßnahme den Umständen nach keinen anderen Zweck haben kann (Köhler/Piper, UWG, 3. Auflage, § 1 UWG Rz. 386). In allen anderen Fällen ist eine Abwägung der Interessen der Beteiligten und auch der betroffenen Marktpartner vorzunehmen, und zwar nach dem Bewertungsmaßstab der gesetzlichen Wertungen, insbesondere nach dem Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit.

Wettbewerbswidrig ist eine Maßnahme dann, wenn sie sich zwar (auch) als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber das Eigeninteresse des Handelnden weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit. Ein Indiz dafür ist, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengungen nicht in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Dabei spielt auch eine Rolle, ob der Handelnde seine Ziele mit weniger einschneidenden Wirkungen erreichen könnte (Köhler/Piper, a. a. O.; BGH, a. a. O. - Mitwohnzentrale.de). Es ist dabei stets zu prüfen, ob von der Beeinträchtigung eine hinreichende Gefährdung des (Leistungs-) Wettbewerbs ausgeht (BVerfG GRUR 2001, 1058 - Therapeutische Äquivalenz).

2.) Unter Beachtung dieser Grundsätze stellt die Verwendung des Werbespot der Antragsgegnerin (Anlage K 28) eine unlautere Behinderung der Antragstellerin dar.

In dem Werbefilm wird das Unternehmen der Antragsgegnerin nicht genannt, sondern nur die Rufnummer ihres Auskunftsdienstes. Ein schützenswerter Grund für dieses "Versteckspiel" wird von der Antragsgegnerin nicht angegeben, er ist auch sonst nicht erkennbar. Vielmehr ist schon nach der Lebenserfahrung die Annahme nahe liegend, dass die Antragsgegnerin damit bezweckt, Verwechslungen mit konkurrierenden Auskunftsdiensten, insbesondere mit dem der Antragstellerin bei den potentiellen Kunden hervorzurufen, um so einen wettbewerblichen Vorteil zu erzielen. Jedenfalls nimmt die Antragsgegnerin diesen für sie günstigen Effekt bewusst zu Lasten insbesondere der Antragstellerin in Kauf.

(a) Die Telefonauskunft der früheren Deutschen Bundespost ("0 11 88") war über Jahrzehnte der einzige Anbieter. Aus ihr ist die Antragstellerin hervorgegangen, die ihrerseits wiederum seit Jahrzehnten den telefonischen Auskunftsdienst betreibt. Mitte 1997 wurden die Rufnummern für Auskunftsdienste durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) umstrukturiert, die Antragstellerin ist seit dem für die Inlandsauskunft unter den Rufnummern "11 8 33" (deutsch), "11 8 36" (türkisch) und "11 8 37" (englisch) sowie für die Auslandsauskunft unter "11 8 34" erreichbar. Die frühere Rufnummer der Antragstellerin ("0 11 88") blieb zusätzlich bis zum 31. Januar 1998 geschaltet (Anlage K 1).

Seit der umstrukturierten Zuteilung der Rufnummern für Auskunftsdienste durch die Regulierungsbehörde haben die neu hinzutretenden, konkurrierenden Dienstleistungsunternehmen Rufnummern erhalten, die ebenfalls mit der Ziffernfolge "118..." beginnen, so die Antragsgegnerin ("11 88 1") und u. a. die Anbieter Fxxxx Fxxx ("11 81 1"), Dxxx ("11 81 8"), Txxxxxxx ("11850") und Pxxxxx ("11880"; vgl. dazu die Aufstellung Bl. 44-48 und Anlagen K 2-3).

(b) Der durchschnittlich aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher wird die oben dargestellte Entwicklung in Grundzügen kennen und jedenfalls wissen, dass es verschiedene Anbieter von Telefonauskunftsdiensten gibt. Es spricht aber die Lebenserfahrung gegen die Annahme, dass der verständige Durchschnittsverbraucher die einzelnen Rufnummern der konkurrierenden Auskunftsdienste auswendig gegenwärtig hat, zumal sie durch die übereinstimmende Ziffernfolge zu Beginn ("118...") sehr ähnlich sind, es viele Anbieter gibt und es durch die Marktentwicklung nicht selten zu einem Wechsel der Anbieter auch mit neuen Rufnummern kommt. Der Werbeadressat wird daher - wenn er nicht schon regelmäßiger Kunde der Antragsgegnerin ist - deren Rufnummer nicht kennen und sie allein nicht wie eine Unternehmensbezeichnung ihr zuordnen können.

Damit besteht die nahe liegende Gefahr, dass die Rufnummer der Antragsgegnerin, die ohne Nennung einer Unternehmensbezeichnung in dem Spot erscheint, mit dem Auskunftsdienst der Antragstellerin verwechselt wird. Die Rufnummer allein reicht als Hinweis auf die Antragsgegnerin insoweit nicht aus, zumal - wie schon die Auskunftsdienste der Antragstellerin zeigen - auch mehrere Rufnummern zu ein- und demselben Unternehmen führen können. Die Angabe "Ihre Auskunft" in dem Werbespot verstärkt die durch die fehlende Unternehmensbezeichnung der Antragsgegnerin greifbar zu besorgende Fehlvorstellung noch.

(c) Die Vorgängerin der Antragstellerin war jahrzehntelang die einzige Anbieterin für Telefonauskünfte und daher besonders bekannt. Die Antragstellerin ist Marktführerin auf diesem Gebiet, sie ist ihrerseits innerhalb der nunmehr konkurrierenden Anbieter von Auskunftsdiensten unstreitig ebenfalls sehr bekannt.

Demgemäß liegt es nahe, dass der angegriffene Werbespot mit der eingeblendeten Rufnummer und der Angabe "Ihre Auskunft", aber ohne irgend einen Hinweis auf die Antragsgegnerin auf die Antragstellerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bezogen und mit ihr verwechselt wird. Der Umstand, dass es inzwischen eine Vielzahl anderer ähnlicher Rufnummern für konkurrierende Auskunftsdienste gibt, wird die Verwechslungsgefahr eher verstärken, jedenfalls nicht verringern.

(d) Die Übereinstimmung der Rufnummern der Parteien am Anfang der Ziffernfolge ("118...") ist der Antragsgegnerin selbstverständlich nicht vorzuwerfen, weil die Telefonnummern - wie ausgeführt - zugeteilt wurden und demgemäß auch ihre Rufnummer so beginnt. Deswegen hat die Antragstellerin es hinzunehmen, dass durch die Rufnummer der Antragsgegnerin eine - insoweit unvermeidbare - Nähe zu ihrem seit Jahrzehnten bekannten Telefonauskunftsdienst besteht.

In dem beanstandeten TV-Werbespot wird die Nähe aber dadurch unlauter ausgenutzt und verstärkt, dass sich die Antragsgegnerin als Mitbewerberin in der Werbung nicht offenbart. Obwohl die Antragstellerin selbst ihre Auskunftsdienste unter Angabe ihrer Unternehmensbezeichnung bewirbt, besteht die greifbare Gefahr, dass der Verkehr bei der anonymen Werbung der Antragsgegnerin fälschlich annimmt, die angegebene Rufnummer gehöre zur Antragstellerin.

Die Annahme, dass dadurch eine Täuschung des Verkehrs zu Lasten der Antragstellerin greifbar zu besorgen ist, hat nichts - in diese Richtung argumentiert die Antragsgegnerin - mit einer bloßen Fortschreibung der bisherigen Marktstellung der Antragstellerin zu tun, sondern beschreibt nur die nahe liegenden Folgen der Verwechslungen beim Publikum, weil ihm in dem Werbespot die Identität des werbenden Anbieters verborgen bleibt.

(e) Ein solcher verdeckt gestalteter Kundenfang auf Kosten der Antragstellerin ist unlauter. Es widerspricht den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs, nicht offen das eigene Unternehmen zu nennen und auf den oben geschilderten Mitnahmeeffekt zu spekulieren. Ein schützenswertes Interesse der Antragsgegnerin ist insoweit nicht erkennbar. Vielmehr gefährdet eine solche Werbung den Leistungswettbewerb, zumal sich die Antragstellerin durch eigene werbliche Maßnahmen nicht hinreichend dagegen wehren kann.

Es wäre für die Antragsgegnerin andererseits leicht möglich, in dem Werbespot ihre Unternehmensbezeichnung einzublenden, und so durch das redliche Bekanntwerden ihrer Firma Vorteile gewinnen. Die Behinderung der Antragstellerin ist in der Gesamtwertung demgemäß unlauter.

3.) Der Umstand, dass die Antragstellerin umfangreich mit dem Slogan "Wir sind die Auskunft" geworben hat (Bl. 9-13, Anlagen K 9-16; vgl. wegen der weiteren Werbung: Bl. 13 ff. nebst Anlagen), entlastet die Antragsgegnerin - entgegen ihrer Ansicht - selbst dann nicht, wenn diese Werbung zu einer wettbewerbsrechtlichen Kritik Anlass geben könnte.

Zum einen ist bei der Beurteilung einer Werbung selbstverständlich mit zu berücksichtigen, welche Marktstellung der Werbende hat und in welchem Äußerungszusammenhang die betreffende Aussage erfolgt. So kann ein- und dieselbe Werbeaussage, die von einem Mitbewerber über sich redlicherweise verwendet wird, auf einen anderen Konkurrenten nicht zutreffen. Zum anderen wäre etwa aus dem Gesichtspunkt des Gegenschlags gegenüber der Werbung der Antragstellerin keine anonyme Werbung der Antragsgegnerin - wie in dem angegriffenen Werbespot - gerechtfertigt.

4.) Die Argumentation der Antragsgegnerin zu der isolierten Angabe "Ihre Auskunft" ist schon deswegen nicht durchgreifend, weil es - wie ausgeführt - nicht um deren Verwendung als solche nicht geht. Soweit dieselben Überlegungen für den Werbespot mit der Angabe "Ihre Auskunft" gelten sollen, entlasten sie die Antragsgegnerin ebenfalls nicht:

(a) Wer, wie die Antragsgegnerin meint, die Aussage "Ihre Auskunft" im Sinne "einer Auskunft für Sie" oder "einer Auskunft, die Sie brauchen" auffasst, hat auch bei diesem Verständnis keinen Anhalt, den Werbenden nicht mit der Antragstellerin zu verwechseln. Denn so ein Aussageinhalt würde zwanglos auch und gerade auf den Marktführer und damit auf die Auskunftsdienste der Antragstellerin passen.

(b) Der von der Antragsgegnerin herangezogene Umstand, dass die Auskunftsdienstleistung der Antragsgegnerin ursprünglich von Vxx Ixxxxxx betrieben wurde und damit der Netzbetreiber und dessen Auskunftsdienstleistung in einer Hand lagen, erschließt sich dem Publikum nicht, wenn er den Werbespot mit der Wendung "Ihre Auskunft" wahrnimmt. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin die Auskunftsdienstleistung inzwischen übernommen.

(c) Dass mit der Angabe "Ihre Auskunft" (auch) gesagt werden soll, dass die Auskunft der Antragsgegnerin durch einen Mitarbeiter persönlich und ohne Ansage vom Band erfolgt, wird das angesprochene Publikum vernünftigerweise nicht annehmen. Eine solche Aussage wird nicht einmal angedeutet. Außerdem bliebe auch dann die Antragsgegnerin als werbendes Unternehmen im Verborgenen.

5.) Der Zusatz: "Denken Sie nur an Eins" im Werbespot der Antragsgegnerin wird nahe liegend im Sinne der Aufforderung verstanden, sich die nachfolgend gezeigte Rufnummer ("11 88 1") zu merken. Der Hinweis passt zwar in sprachlicher Verfremdung auch zu dem Umstand, dass die Rufnummer der Antragsgegnerin mit der Ziffer "1" endet; das nimmt der Verkehr aber mangels Erläuterung und in der kurzen Zeit des Spots nicht durchgängig wahr. Jedenfalls wird damit nur die Rufnummer selbst herausgestellt, nicht aber das Unternehmen der Antragsgegnerin genannt.

Der Senat verkennt nicht, dass mit dieser Aufforderung an den Zuschauer, sich die Nummer für "seine" Auskunft zu merken, mittelbar auch auf den Umstand angespielt wird, dass es mehrere Anbieter von Auskunftsdienstleistungen gibt. Das ist aber, wie ausgeführt, dem verständigen Durchschnittsverbraucher ohnehin geläufig. Ein Irrtum über die Identität des anonym werbenden Unternehmens wird damit aber nicht vermieden.

6.) Das Argument der Antragsgegnerin, die werbliche Darstellung ihres Auskunftsdienstes unterscheide sich von der der Antragstellerin, greift nicht durch. Der angegriffene Werbespot ist insoweit eher neutral gehalten. Deswegen hat der Betrachter des Werbefilms, selbst wenn er merkt, dass die Darstellung nicht in der "magenta-typischen" Werbeform der Antragstellerin gehalten ist, keinen Anhalt für die Annahme, es gerade nicht mit dem Unternehmen der Antragstellerin zu tun zu haben.

7.) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin besteht Wiederholungsgefahr. Sie ergibt sich aus dem Verletzungsfall und wird vermutet.

Diese Vermutung wird nicht dadurch widerlegt, dass - wie die Antragsgegnerin hat vortragen lassen - weitere Sendetermine des Werbespots nach dem 12. Juni 2002 nicht beabsichtigt seien und auch damals nicht beabsichtigt gewesen seien (Bl. 33).

IV.

Nach alledem ist die Berufung der Antragstellerin begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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